Mehr als ein Urlaub

Erdfetzen flogen. Steine kullerten und hüpften abwärts. Der Bär war riesig. Sein Fell schimmerte wie die Farbe von Zimt und auf dem grauen Nacken wölbte sich ein Buckel, der mit jeder ruckhaften Bewegung zu tanzen schien. Die gewaltigen Krallen an seinen Pranken wirkten wie stählerne Klauen. Sie zerrten, rissen, wühlten und die mächtigen Vorderpranken hatten schon eine kleine Kraterlandschaft auf dem Hang geschaffen, der wie eine Alm aussah. Waren es die ersten, saftigen Wurzeln nach denen er suchte? Oder schaufelte er nach einem Murmeltier, das sich vielleicht ängstlich tief unter der Erde in seinen Bau drückte?

Die schneebedeckten Gipfel des Felsengebirges glühten fleischfarben in der späten Frühlingssonne. Sie wirkten erhaben, bedächtig, eindrucksvoll – doch auch kalt. Länger werdende Schatten tasteten tiefer in die zerklüfteten Grate, hoben die scharfen Zacken hervor und tauchten den verwitterten Fels in ein eintöniges Grau.

Vor mir sah ich meinen ersten Grizzly in Freiheit. Mit dem Fernglas betrachtete ich ehrfürchtig den uneingeschränkten Herrscher der Berge. Dafür war ich gekommen! Davon hatte ich jahrelang gefiebert! Es war eine neue und atemberaubende Welt, die mich umschloss. Nach wenigen Tagen kam mir alles natürlich vor, als sei es immer so gewesen: Schwarzbären überquerten in einem schnellen Trott die Gebirgsstraßen; Elche standen in klaren Tümpeln, tauchten ihre Köpfe in das Nass, streckten die wuchtigen Hälse und zermalmten gleichmäßig die hervorgezerrten Pflanzenbündel, von denen noch das Wasser tropfte; Bergschafe verharrten bewegungslos auf handbreiten Leisten, sprangen und turnten meisterhaft über die Hänge der Rocky Mountains.

Hunderte von Kilometern war ich nach Norden gefahren und es war erst Frühsommer, als ich die Grenze zum Yukon überquerte.
Den Yukon wollte ich nie mehr verlassen. Es war das Land meiner Träume. Tief in mir spürte ich den verlockenden Ruf von Freiheit und Wildnis. Hier zu leben musste ein einziges Abenteuer sein. Noch bevor ich das Land nach vier Monaten verlassen musste, hatte ich Freunde gefunden und mir war klar: Ich komme wieder!